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Fasten und die vier Jahreszeiten

Als Fastenbegleiterin bin ich in der glücklichen Lage zu jeder Jahreszeit nach Pernegg kommen zu können. Unter meinen Fastengästen finden sich dabei jene, die sich ganz auf eine bestimmte Jahreszeit eingeschworen haben.

„Ich könnte nicht im Sommer fasten. Der Winter ist die einzig richtige Zeit zum Fasten im Kloster. Die Stille ist hier so angenehm“ höre ich einen meiner Gäste beim Klosterfasten im Advent sagen. Draußen ist es bereits finster geworden. Wir haben einen Sonnenuntergangssparziergang gemacht und es ist erst 16 Uhr nachmittags.

 

„Ich brauche den Sommer, die Wärme und das lange Tageslicht. Was gibt es schöneres bei einer Fastenwoche“, sagt eine Fasterin, die neben mir durch den kühlen Wald geht. Die Felder in der Ferne auf der waldviertler Hochebene stehen in voller Blüte und wir suchen uns die schattigsten Wege.

Was ist also dran am Fasten zu den jeweiligen Jahreszeiten? Gibt es die eine Jahreszeit, die sich am besten zum Fasten eignet? Um die Antwort gleich vorweg zu nehmen: Nein! Die eine alleinige gibt es nicht. Aber diese Fragestellung ist mir ein Anlass das letzte Jahre mit den jeweiligen Fastenseminaren zu den unterschiedlichen Jahreszeiten Revue passieren lassen und die atmosphärische Wirkung zu spüren.

 

Winter – die stille Zeit.

Es ist still in Pernegg. Wirklich still. Klosterfasten im Advent. Die Gäste, die gekommen sind wünschen sich neben der gesundheitlichen Wirkung des Fastens vor allem eine Auszeit. In der Früh liegt beim Weg zum aktiven Erwachen der Raureif auf der Wiese. Die Landschaft liegt magisch verträumt vor uns. Damit die Fastengäste nicht zu sehr auskühlen, findet das aktive Erwachen dynamischer statt. Die Zeit zum meditativen Innehalten und in uns reinspüren, gönnen wir uns am Abend im warmen Gruppenraum. Nach der Abendsuppe ziehen sich viele Gäste in die Zimmer zurück. Draußen ist es dunkel und man kann die Sterne am Himmel sehen. So wie die Natur im Winter ihre Kräfte zur Regeneration zurückzieht, so haben wir Menschen auch ein Bedürfnis nach Ruhepausen und Rückzug. Für morgen ist Schnee angesagt und werden bei unserem Sparziergang feine Spüren im frischen Schnee hinterlassen. Am Ende der Fastenwoche blicken die TeilnehmerInnen auf eine erholsame und wohltunende Woche zurück. Das Fasten hat allen neue Kraft gegeben. Vielleicht sogar auch für die manchmal gar nicht immer so erholsamen Feiertage, die zum Jahresende bevorstehen.

 

Frühling – die Blüte beginnt.

Es ist zartgrün in Pernegg, angenehm warm und der Wind ist noch frisch. Fasten und Resilienz. Ostern ist gerade vorbei und die Fastengäste freuen sich auf die vor ihnen liegende Fastenwoche. Die Natur im Waldviertel ist noch etwas zurückhaltender als in den Städten. Wir finden erste Blumen im Wald, die sich durch das Dickicht des alten Laubs kämpfen. Seien es Leberblümchen, Huflattich oder Lungenkraut. Eine Teilnehmerin kennt sich mit Blumen, Kräutern und der ganzen Vegetation sehr gut aus. Wir alle lernen in dieser Woche noch sehr viel von ihr. So wie die Landschaft wieder erblüht, wirkt auch das Fasten im Frühling wie ein neuer Aufbruch. Viele Gäste haben das Bedürfnis sich nach der kalten Jahreszeit zu reinigen. Der Frühlingsputz für den Körper wird mit einer Fastenwoche begangen. Die Woche vergeht wie im Flug. Es wird immer wärmer und zum Abschluss können wir sogar schon draußen in der Frühlingssonne sitzen und die Erfahrungen der Fastenwoche noch einmal Revue passieren lassen.

 

 Sommer – die hohe Zeit

Es ist sattgrün in Pernegg. Die Getreidefelder wiegen sich wie grüne Meere im Wind. Wir brauchen nicht ans Meer zu fahren um uns in den Anblick von Weite zu vertiefen. Fasten und Stressbalance. Die TeilnehmerInnen genießen die Sonne und die warme Luft. In der Nacht ist es immer noch so angenehm kühl, dass man eine Decke zum Schlafen braucht. Die Gruppe ist gut gelaunt und möchte sich viel draußen bewegen. Wir suchen uns schattige Wege und machen lange Sonnenuntergangssparziergänge. Wenn die Sonne über der Hochebene in Pernegg untergeht, taucht sie alles in ein warmes goldenes Licht. Fasten im Sommer lässt uns die eigenen Kräfte, die wir nicht trotz, sondern gerade wegen dem Verzicht erleben, besonders deutlich spüren. Die Natur steht in voller Blüte. Die Fastenden entspannen auch gerne am See und genießen die Erfrischung des kühlen Wassers. Die Abende sind lange hell und es gilt dabei dann auch noch auf die ausreichenden Ruhephasen zu achten. Den Abschluss der gelungenen Fastenwoche feiern wir mit einem Lagerfeuer. Wir werfen Räucherwerk hinein und erfreuen uns an den ätherischen Düften, die aus dem Feuer emporsteigen.

 

Herbst – Ernte und Vielfalt

 

 

Es ist nun bunt geworden in Pernegg. Fasten und Achtsamkeit. Die Fastengäste wünschen sich eine Auszeit, ein zu sich zurückkommen, eine gesundheitliche Stärkung für den Winter, eine Kräftigung für das Immunsystem. In der Früh ist kann es schon frischer sein. Tau liegt auf der Wiese, am Weg in den Wald gehen wir am Fallobst vorbei, das stark duftet. Die Fastenden nehmen diese Gerüche schon in den ersten Fastentagen intensiver wahr. Dort wo wilder Wein wächst, verfärbt sich das Blattwerk in Gelb-, Rot- und Grüntönen und zur Freude aller begegnen wir auch einem Feuersalamander. Am Abend ist es noch mild, sodass der Altweibersommer uns seine Ehre macht. Meditationen und Achtsamkeitsübungen können wir noch draußen und auch im Gruppenraum machen. Die Fastenwoche vergeht einigen Fastengästen fast zu schnell und sie beschließen ein paar Tage weiter zu fasten. Viele Gäste kommen schon seit Jahren nach Pernegg und geben bei der Abschlussrunde an, dass sie dies auch weiterhin so machen wollen. Eine Fastenwoche als fixer Bestandteil der eigenen gesundheitlichen und seelischen Selbstfürsorge. 

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